Baustellenverordnung

Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen
Baustellenverordnung - BaustellV*
Vom 10. Juni 1998**

* Diese Verordnung dient in Verbindung mit dem Arbeitsschutzgesetz der Umsetzung der EG-Richtlinie 92/57/EWG des Rates vom 24. Juni 1992 über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz (Achte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Abs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. EG Nr. L 245 S. 6)

** erschienen im Bundesgesetzblatt Jahrgang 1998 Teil I Nr. 35, ausgegeben zu Bonn am  18. Juni  1998

Auf Grund des § 19 des Arbeitsschutzgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246) verordnet die Bundesregierung:

§ 1 / Ziele; Begriffe

(1) Diese Verordnung dient der wesentlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen.

(2) Die Verordnung gilt nicht für Tätigkeiten und Einrichtungen im Sinne des § 2 des Bundesberggesetzes.

(3) Baustelle im Sinne dieser Verordnung ist der Ort, an dem ein Bauvorhaben ausgeführt wird. Ein Bauvorhaben ist das Vorhaben, eine oder mehrere bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder abzubrechen.

§ 2 / Planung der Ausführung des Bauvorhabens

(1) Bei der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens, insbesondere bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, und bei der Bemessung der Ausführungszeiten für diese Arbeiten, sind die allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes zu berücksichtigen.

(2) Für jede Baustelle, bei der
1. die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf der mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden, oder
2. der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet, ist der zuständigen Behörde spätestens zwei Wochen vor Einrichtung der Baustelle eine Vorankündigung zu übermitteln, die mindestens die Angaben nach Anhang I enthält. Die Vorankündigung ist sichtbar auf der Baustelle auszuhängen und bei erheblichen Änderungen anzupassen.

(3) Ist für eine Baustelle, auf der Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, eine Vorankündigung zu übermitteln, oder werden auf einer Baustelle, auf der Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II ausgeführt, so ist dafür zu sorgen, dass vor Einrichtung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird. Der Plan muss die für die betreffende Baustelle anzuwendenden Arbeitsschutzbestimmungen erkennen lassen und besondere Maßnahmen für die besonders gefährlichen Arbeiten nach Anhang II enthalten. Erforderlichenfalls sind bei Erstellung des Planes betriebliche Tätigkeiten auf dem Gelände zu berücksichtigen.

§ 3 / Koordinierung

(1) Für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, sind ein oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen. Der Bauherr oder der von ihm nach § 4 beauftragte Dritte kann die Aufgaben des Koordinators selbst wahrnehmen.

(2) Während der Planung der Ausführung des Bauvorhabens hat der Koordinator

  1. die in § 2 Abs. 1 vorgesehenen Maßnahmen zu koordinieren,
  2. den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan auszuarbeiten oder ausarbeiten zu lassen und
  3. eine Unterlage mit den erforderlichen, bei möglichen späteren Arbeiten an der baulichen Anlage zu berücksichtigenden Angaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammenzustellen.


(3) Während der Ausführung des Bauvorhabens hat der Koordinator

  1. die Anwendung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes zu koordinieren,
  2. darauf zu achten, dass die Arbeitgeber und die Unternehmer ohne Beschäftigte ihre Pflichten nach dieser Verordnung erfüllen,
  3. den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan bei erheblichen Änderungen in der Ausführung des Bauvorhabens anzupassen oder anpassen zu lassen,
  4. die Zusammenarbeit der Arbeitgeber zu organisieren und
  5. die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Arbeitsverfahren durch die Arbeitgeber zu koordinieren.

§ 4 / Beauftragung

Die Maßnahmen nach § 2 und § 3 Abs. 1 Satz 1 hat der Bauherr zu treffen, es sei denn, er beauftragt einen Dritten, diese Maßnahmen in eigener Verantwortung zu treffen.

§ 5 / Pflichten der Arbeitgeber

(1) Die Arbeitgeber haben bei der Ausführung der Arbeiten die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes insbesondere in Bezug auf die

  1. Instandhaltung der Arbeitsmittel,
  2. Vorkehrungen zur Lagerung und Entsorgung der Arbeitsstoffe und Abfälle, insbesondere der Gefahrstoffe,
  3. Anpassung der Ausführungszeiten für die Arbeiten unter Berücksichtigung der Gegebenheiten auf der Baustelle,
  4. die Zusammenarbeit der Arbeitgeber zu organisieren und
  5. die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Arbeitsverfahren durch die Arbeitgeber zu koordinieren.


(2) Die Arbeitgeber haben die Beschäftigten in verständlicher Form und Sprache über die sie betreffenden Schutzmaßnahmen zu informieren.

(3) Die Verantwortlichkeit der Arbeitgeber für die Erfüllung ihrer Arbeitsschutzpflichten wird durch die Maßnahmen nach den §§ 2 und 3 nicht berührt.

§ 6 / Pflichten sonstiger Personen

Zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten haben auch die auf einer Baustelle tätigen Unternehmer ohne Beschäftigte die bei den Arbeiten anzuwendenden Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten. Sie haben die Hinweise des Koordinators sowie den Sicherheits- und Gesundheitschutzplan zu berücksichtigen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Arbeitgeber, die selbst auf der Baustelle tätig sind.

§ 7 / Ordnungswidrigkeiten und Strafvorschriften

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. entgegen § 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 4 der zuständigen Behörde eine Vorankündigung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt oder,
  2. entgegen § 2 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 4 nicht dafür sorgt, dass vor Einrichtung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt wird.


(2) Wer durch eine im Absatz 1 bezeichnete vorsätzliche Handlung Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet, ist nach § 26 Nr. 2 des Arbeitsschutzgesetzes strafbar.

§ 8 / Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

(2) Für Bauvorhaben, mit deren Ausführung bereits vor dem 1. Juli 1998 begonnen worden ist, bleiben die bisherigen Vorschriften maßgebend.

Der Bundesrat hat zugestimmt. Bonn, den 10. Juni 1998

Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung  Norbert Blüm


Anhang I

  1. Ort der Baustelle,
  2. Name und Anschrift des Bauherrn,
  3. Art des Bauvorhabens,
  4. Name und Anschrift des anstelle des Bauherrn verantwortlichen Dritten,
  5. Name und Anschrift des Koordinators,
  6. voraussichtlicher Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeiten,
  7. voraussichtliche Höchstzahl der Beschäftigten auf der Baustelle,
  8. Zahl der Arbeitgeber und Unternehmer ohne Beschäftigte, die voraussichtlich auf der Baustelle tätig werden,
  9. Angabe der bereits ausgewählten Arbeitgeber und Unternehmer ohne Beschäftigte.

Anhang II

Besonders gefährliche Arbeiten im Sinne des § 2 Abs. 3 sind:

  1. Arbeiten, bei denen die Beschäftigten der Gefahr des Versinkens, des Verschüttetwerdens in Baugruben oder in Gräben mit einer Tiefe von mehr als 5 m oder des Absturzes aus einer Höhe von mehr als 7 m ausgesetzt sind,
  2. Arbeiten, bei denen die Beschäftigten explosionsgefährlichen, hochentzündlichen, krebserzeugenden (Kategorie 1 oder 2), erbgutverändernden, fortpflanzungsgefährdenden oder sehr giftigen Stoffen und Zubereitungen im Sinne der Gefahrstoffverordnung oder biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 und 4 im Sinne der Richtlinie 90/679/EWG des Rates vom 26. November 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (ABI. EG Nr. L 374 S. 1) ausgesetzt sind.
  3. Arbeiten mit ionisierenden Strahlungen, die die Festlegung von Kontroll- oder Überwachungsbereichen im Sinne der Strahlenschutz- sowie im Sinne der Röntgenverordnung erfordern,
  4. Arbeiten in einem geringeren Abstand als 5 m von Hochspannungsleitungen,
  5. Arbeiten, bei denen die unmittelbare Gefahr des Ertrinkens besteht,
  6. Brunnenbau, unterirdische Erdarbeiten und Tunnelbau,
  7. Arbeiten mit Tauchergeräten,
  8. Arbeiten in Druckluft,
  9. Arbeiten, bei denen Sprengstoff oder Sprengschnüre eingesetzt werden,
  10. Aufbau oder Abbau von Massivbauelementen mit mehr als 10 t Einzelgewicht.

Begründung

A. Allgemeiner Teil 1. Zielsetzung Der Rat der Europäischen Gemeinschaft (EG) hat, gestützt auf Artikel 118a EG-Vertrag, Richtlinien mit Mindestvorschriften zum betrieblichen Arbeitsschutz erlassen. Der Richtlinie 89/391 /EWG über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (sogenannte EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz) kommt diesbezüglich besondere Bedeutung zu, weil sie grundsätzliche Vorschriften zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten am Arbeitsplatz enthält.

In Artikel 16 der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz hat der Rat den Erlass von Einzelrichtlinien über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei bestimmten Tätigkeiten angekündigt.

Als achte dieser Einzelrichtlinien hat der Rat der EG die Richtlinie 92/57/EWG des Rates vom 24. Juni 1992 über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz (ABl. EG Nr. L 245 S. 6) - im weiteren Baustellenrichtlinie genannt - erlassen. Die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung - BaustellV) soll diese Richtlinie in nationales Recht umsetzen (Umsetzungsfrist: 31. Dezember 1993).

Baustellenrichtlinie und Baustellenverordnung haben das Ziel, durch besondere Maßnahmen zu einer wesentlichen Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf der Baustelle beizutragen. Beschäftigte im Baubereich sind im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen einem besonders hohen Unfall- und Gesundheitsrisiko ausgesetzt.

In Deutschland liegt die Unfallquote (Unfälle pro 1.000 Vollbeschäftigte) sowohl bei den gemeldeten als auch den besonders schweren Arbeitsunfällen im Bausektor mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der gewerblichen Wirtschaft (1996 allein 300 Tote im Zuständigkeitsbereich der Unfallversicherungsträger der Bauwirtschaft).

Besondere Gefahren auf Baustellen ergeben sich insbesondere daraus, dass Arbeiten auf der Baustelle von Beschäftigten verschiedener Arbeitgeber gleichzeitig oder nacheinander ausgeführt werden, was die Abstimmung der Arbeitgeber für die zu treffenden Schutzmaßnahmen erheblich erschwert.
Hinzu kommen äußere Einflüsse, wie beispielsweise Witterungsverhältnisse, der auf Baustellen zu beobachtende Termindruck und Sprachenprobleme. Auch sonstige auf der Baustelle Tätige, wie Unternehmer ohne Beschäftigte, tragen zu den Gefahrenpotentialen auf der Baustelle bei.

Genau hier setzen die Bestimmungen von Baustellenrichtlinie und Baustellenverordnung an.

2. Konzeption Ein großer Teil der materiell-rechtlichen Mindestanforderungen der Richtlinie entspricht den in Deutschland seit langem geltenden Bestimmungen, z.B. in der Arbeitsstättenverordnung, in Unfallverhütungsvorschriften und in den Bauordnungen der Länder. Diese Bestimmungen bleiben unverändert bestehen. Die noch umzusetzenden Mindestregelungen der Richtlinie sollen inhaltsgleich umgesetzt werden. Dies betrifft insbesondere die Regelungen zur:
a) Bestellung eines Koordinators, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tätig werden,
b) Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans bei größeren Baustellen und bei besonders gefährlichen Arbeiten (z. B. Tunnelbau) und
c) Ankündigung des Vorhabens bei der Behörde bei größeren Baustellen (nicht Einfamilienhaus).

Regelungsumfang und Regelungsdichte der vorgesehenen Rechtsverordnung beschränken sich damit auf das unumgängliche Mindestmaß. Das Umsetzungskonzept nutzt im übrigen bestehende Strukturen der Bauwirtschaft; es werden keine neuen Institutionen geschaffen und der bürokratische Aufwand durch Flexibilität der Regelungen weitestgehend begrenzt.
Pflichten der Arbeitgeber und der Beschäftigten nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

Für den Bereich des öffentlichen Dienstes gilt die Verordnung unmittelbar für die Beschäftigten des Bundes; für die Beamten der Länder, Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts auf Landesebene muss gemäß § 20 Abs. 1 ArbSchG noch durch Landesrecht bestimmt werden, ob und inwieweit die Verordnung gilt.

3. Kosten Bund, Länder und Gemeinden sind entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits nach Ablauf der Umsetzungsfrist seit 1. Januar 1994 verpflichtet, die EG-Richtlinie zu beachten. Kosten durch diese Verordnung entstehen für diese daher nicht. Im Verwaltungsvollzug ergeben sich für die Arbeitsschutzbehörden der Länder Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen durch die gezielte Zusammenarbeit mit den Koordinatoren als Ansprechpartner vor Ort, sowie die Möglichkeit der Systemkontrolle zur Sicherheit von Baustellen bereits vor Baubeginn.

Für private Bauherren können insbesondere durch die Bestellung eines Koordinators für Baustellen Kosten entstehen. Andererseits ergeben sich spezifische Entlastungen durch einen zügigeren Bauablauf durch Verringerung der Unfallzahlen, Ausfallzeiten und damit zusammenhängender Folgekosten sowie aus einem optimierten Zusammenwirken der an Planung und Ausführung eines Bauvorhabens Beteiligten.
Insgesamt sind die sich aus Be- und Entlastungen ergebenden Auswirkungen auf Einzelpreise nicht quantifizierbar, dürften sich aber bei einer Gesamtbetrachtung ausgleichen.
Auswirkungen auf Löhne und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

B. Zu den einzelnen Vorschriften Zu § 1 Zu Absatz 1
Absatz 1 beschreibt das Ziel der Verordnung, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen wesentlich zu verbessern.

Zu Absatz 2
Die Herausnahme der Tätigkeiten und Einrichtungen im Sinne des § 2 des Bundesberggesetzes aus dem Geltungsbereich der Baustellenverordnung entspricht der Regelung des Artikel 1 Abs. 2 der Baustellenrichtlinie.

Zu Absatz 3
Absatz 3 definiert den Begriff der Baustelle. Unter einer Baustelle ist ein Gelände zu verstehen, auf dem eine oder mehrere bauliche Anlagen errichtet, geändert oder abgebrochen werden, einschließlich der zugehörigen Vorbereitungsarbeiten. Unter Änderung wird die nicht unerhebliche Umgestaltung der baulichen Anlage, insbesondere die Änderung des konstruktiven Gefüges, verstanden. Damit wird klargestellt, dass Arbeiten geringeren Umfangs an oder in baulichen Anlagen (z. B. Schönheitsreparaturen, einfache Reparaturarbeiten u.s.w.) nicht von der Baustellenverordnung erfasst werden.

Zu § 2 Zu Absatz 1
Absatz 1 dient der Umsetzung von Artikel 4 der Baustellenrichtlinie. Um den Gedanken eines präventiven Arbeitsschutzes für die Beschäftigten bei der Ausführung von Bauarbeiten besser verwirklichen zu können, besteht die allgemeine Verpflichtung, schon in der Phase der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens die allgemeinen Grundsätze gemäß § 4 ArbSchG zu berücksichtigen.

Dies gilt insbesondere bei der Einteilung der Arbeiten, die gleichzeitig oder nacheinander durchgeführt werden, und bei der Bemessung der Ausführungszeiten für diese Arbeiten. Das bedeutet, dass diese Grundsätze z. B. bei der Erstellung der Baubeschreibung zu berücksichtigen sind, damit die Arbeitgeber bei der Angebotsbearbeitung die für die Ausführung der Arbeiten im Hinblick auf die Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften erforderlichen Informationen erhalten.

Zu Absatz 2
Absatz 2 dient der Umsetzung von Artikel 3 Abs. 3 der Baustellenrichtlinie. Danach ist der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde für jede Baustelle, bei der die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf der mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden oder der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet, vor Einrichtung der Baustelle eine Vorankündigung zu übermitteln. Die Vorankündigung ist sichtbar an exponierter Stelle auf der Baustelle auszuhängen, damit alle Betroffenen, z. B. die Beschäftigten oder neu auf der Baustelle tätig werdende Arbeitgeber rasch von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen können.

Dafür ist auch unverzichtbar, dass die Lesbarkeit der Vorankündigung, die z. B. durch Witterungseinflüsse beeinträchtigt wird, während der Bauarbeiten erhalten bleibt. Sinnvoll wäre darüber hinaus, dass die auf der Baustelle tätigen Arbeitgeber und Unternehmer und im Hinblick auf die nach § 21 Abs. 3 ArbSchG vorgesehene Zusammenarbeit der zuständigen Landesbehörden und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung auch die Letztgenannten rechtzeitig von dem Inhalt der Vorankündigung Kenntnis erhalten, insbesondere darüber, wer auf der Baustelle für Sicherheit und Gesundheitsschutz verantwortlich ist. Treten erhebliche Änderungen der gemäß Anhang I der Baustellenverordnung aufzuführenden Angaben ein, ist die Vorankündigung zu aktualisieren.

Zu Absatz 3
Absatz 3 setzt Artikel 3 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 5 Buchstabe b der Baustellenrichtlinie um. Eine Voraussetzung für die Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes ist, dass es sich um Baustellen handelt, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden. Weiterhin ist Voraussetzung, dass es sich um Baustellen handelt, für die entweder der zuständigen Behörde nach Absatz 2 eine Vorankündigung übermittelt werden muss oder auf denen besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II ausgeführt werden.

Es ist dafür zu sorgen, dass der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vor der Einrichtung der Baustelle erstellt wird. Der Plan sollte auf der Baustelle während der Arbeitszeit jederzeit einsehbar sein und den auf der Baustelle tätigen Arbeitgebern und Unternehmern möglichst frühzeitig zur Verfügung gestellt werden.

Entsprechend Artikel 5 Buchstabe b der Baustellenrichtlinie muss der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan die Arbeitsschutzbestimmungen erkennen lassen, die auf der Baustelle anzuwenden sind, und die Schutzmaßnahmen für die besonders gefährlichen Arbeiten nach Anhang II der Baustellenverordnung enthalten.

Zum Beispiel erfüllt dies im allgemeinen ein entsprechend ergänzter Bauablaufplan. Auf dem Gelände der Baustelle gegebenenfalls ablaufende betriebliche Tätigkeiten oder Prozesse sind bei der Erstellung des Planes zu berücksichtigen.

Zu § 3 Zu Absatz 1
Absatz 1 dient der Umsetzung von Artikel 3 Abs. 1 der Baustellenrichtlinie. Besondere Probleme für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf Baustellen ergeben sich insbesondere dadurch, dass die Bauarbeiten durch Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber gleichzeitig oder nacheinander ausgeführt werden müssen. Daher sind für die Planung der Ausführung und für die Ausführung von Bauvorhaben ein geeigneter Koordinator oder mehrere geeignete Koordinatoren zu bestellen, die die in § 3 Abs. 2 und 3 genannten Aufgaben wahrnehmen. Koordinatoren können auch die bereits am Bauvorhaben ohnehin beteiligten Personen sein.

Satz 2 bestimmt, dass die Aufgaben des zu bestellenden Koordinators auch vom Bauherren oder dem von ihm nach § 4 beauftragten Dritten selbst wahrgenommen werden können.

Zu Absatz 2
Absatz 2 setzt Artikel 5 der Baustellenrichtlinie (Vorbereitung des Bauprojekts: Aufgaben der Koordinatoren) um. Diese Aufgaben sind:

- die in § 2 Abs. 1 vorgesehenen Maßnahmen zu koordinieren,
- den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan auszuarbeiten oder ausarbeiten zu lassen und
- eine Unterlage mit den erforderlichen Angaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammenzustellen, die bei möglichen späteren Arbeiten an der baulichen Anlage zu berücksichtigen 

Zu Absatz 3
Absatz 3 setzt Artikel 6 der Baustellenrichtlinie (Ausführung des Bauwerks: Aufgaben der Koordinatoren) um. Diese Aufgaben sind:

- die Anwendung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 des ArbSchG zu koordinieren,
- darauf zu achten, dass die Arbeitgeber und die Unternehmer ohne Beschäftigte ihre Pflichten   nach  dieser Verordnung erfüllen,
- den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan bei erheblichen Änderungen in der Ausführung des Bauvorhabens anzupassen oder anpassen zu lassen,
- die Zusammenarbeit der Arbeitgeber zu organisieren und
- die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Arbeitsverfahren durch die Arbeitgeber zu koordinieren.

Zu § 4 § 4 dient der Umsetzung der in Artikel 3 Abs. 1 bis 3 und in Artikel 4 der Baustellenrichtlinie vorgesehenen personellen Alternative zur Erfüllung der für die einzelnen Phasen des Bauvorhabens festgelegten Pflichten.

Er legt fest, dass der Bauherr die Maßnahmen nach § 2 und § 3 Abs. 1 Satz 1 zu treffen hat. Allerdings kann der Bauherr einen Dritten beauftragen, diese Maßnahmen zu treffen, mit der Folge, dass ausschließlich der Dritte dafür verantwortlich ist. Die Vorschrift trägt damit z. B. auch der Tatsache Rechnung, dass in der Praxis viele Bauherrn sogenannte Baubetreuungsverträge mit Unternehmen abschließen, die dem Bauherrn Vorbereitung und Errichtung einer baulichen Anlage abnehmen. Dritter kann z. B. auch der Bauunternehmer sein. Durch die Verordnung werden zivilrechtliche Haftungsregelungen nicht berührt.

Zu § 5 Zu Absatz 1
Absatz 1 dient der Umsetzung von Artikel 8 und Artikel 9 der Baustellenrichtlinie. Allgemein muss der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes treffen und dabei Grundpflichten und die allgemeinen Grundsätze des Arbeitsschutzes nach § 4 des Arbeitsschutzgesetzes beachten. Für die Ausführung der Bauarbeiten wird dies in Absatz 1 Nr. 1 bis 5 konkretisiert.
Die Hinweise des Koordinators sowie der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan sind zu berücksichtigen.

Zu Absatz 2
Absatz 2 dient der Umsetzung von Artikel 11 Abs. 2 der Baustellenrichtlinie. Mit der Regelung soll der besonderen Situation auf einer Vielzahl von Baustellen Rechnung getragen werden, bei der Beschäftigte unterschiedlicher Nationalitäten Bauarbeiten ausführen. Diese Beschäftigten benötigen angesichts der Gefahren für Leben und Gesundheit, die von diesen Arbeiten ausgehen können, regelmäßig oder anlassbezogen eine Information durch den Arbeitgeber über die Schutzmaßnahmen in verständlicher Form und Sprache. Dies bedeutet nicht zwingend, dass eine Übersetzung in den jeweiligen Muttersprachen der Beschäftigten vorliegen muss. Sichergestellt sein muss allerdings, dass der Beschäftigte die Information verstehen kann. Dadurch wird den Beschäftigten ermöglicht, Sicherheit und Gesundheitsschutz auf der Baustelle zu praktizieren.

Zu Absatz 3
Diese Regelung setzt Artikel 7 Abs. 2 der Baustellenrichtlinie um. Mit der Regelung wird unterstrichen, dass der Arbeitgeber durch die in den §§ 2 und 3 getroffenen Regelungen nicht von seinen Pflichten in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten entlastet wird.

Zu § 6 Mit § 6 wird Artikel 10 der Baustellenrichtlinie umgesetzt. Im Rahmen der Ausführung von Bauarbeiten führen auch Unternehmer ohne Beschäftigte, d. h. Personen, die keine Arbeitgeber im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbSchG sind, Bauarbeiten auf der Baustelle aus. Um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf der Baustelle gewährleisten zu können, haben die Unternehmer ohne Beschäftigte die für die Arbeitgeber geltenden Arbeitsschutzvorschriften zu beachten.
Dies sind insbesondere §§ 4, 8 Abs. 1 und 15 ArbSchG, § 4 und der Anhang der Arbeitsmittelbenutzungsverordnung, § 2 der PSA-Benutzungsverordnung, die Bestimmungen des vierten Kapitels der Arbeitsstättenverordnung sowie die Unfallverhütungsvorschrift "Bauarbeiten" (VBG 37). Dies gilt auch für Arbeitgeber, die selbst auf der Baustelle tätig sind.

Zu § 7 Absatz 1 regelt, dass ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 und § 2 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 4 eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 25 Abs. 1 Nr. 1 ArbSchG darstellt, die nach § 25 Abs. 2 ArbSchG mit Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark bewehrt ist. Absatz 2 verweist auf die Strafvorschriften des § 26 ArbSchG.

Zu § 8 Zu Absatz 1
Absatz 1 regelt das Inkrafttreten.

Zu Absatz 2
Die Vorschrift regelt, dass für Bauvorhaben, mit deren Ausführung vor Inkrafttreten dieser Verordnung begonnen worden ist, die bisherigen Vorschriften maßgebend bleiben. Das bedeutet für den öffentlichen Dienst, dass entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, zur Auslegung des EG-Vertrages im Zusammenhang mit der nicht fristgemäßen Umsetzung von Richtlinien der Staat, alle staatlichen Stellen sowie alle Einrichtungen und Rechtssubjekte, die dem Staat oder seiner Aufsicht unterstehen oder mit Rechten ausgestattet sind, die über solche hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehung unter Privaten gelten, die Vorschriften der EG-Richtlinie über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz mit Ablauf der für ihre Umsetzung vorgesehenen Frist, ab dem 1. Januar 1994 zu beachten haben.

Zu Anhang I Anhang I dient der Umsetzung von Anhang III der Baustellenrichtlinie und führt die Angaben auf, die in die Vorankündigung nach § 2 Abs. 2 aufzunehmen sind.

Zu Anhang II Der Anhang II zur Baustellenverordnung führt Bauarbeiten auf, die im Sinne der Verordnung mit besonderen Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten verbunden sind. Dadurch wird der Anhang II der Baustellenrichtlinie umgesetzt.

Die Gefährlichkeit der Arbeit ergibt sich aus den Einflussfaktoren, die in den jeweiligen Nummern des Anhangs aufgeführt werden. Für die gefährlichen Arbeiten im Sinne des Anhangs bestehen sonstige Rechtsvorschriften, die von den Arbeitgebern bei der Ausführung von Bauarbeiten zum Schutz von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu beachten sind (z. B. Arbeitsstättenverordnung, Unfallverhütungsvorschriften, insbesondere die UVV "Bauarbeiten" (VBG 37), Gefahrstoffverordnung, Strahlenschutzverordnung, Druckluftverordnung).